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Schüsselblume – Der Himmelsschlüssel

Wenn wir auf den Wiesen die ersten Schlüsselblumen entdecken, ist der Frühling definitiv da: neben allen übrigen Frühlingsblumen wohnt der Primula veris, dem kleinen Erstling des Frühlings, ein besonderer Zauber inne. Die Schlüsselblume soll sogar Türen öffnen: Die zum Paradies, zu himmlischen Schätzen oder zu Herzen. Auf die Erde gekommen sei dieser Blumenschlüssel, weil Petrus eines Tages seinen Schlüsselbund fallen liess. Schnell suchten die Engel auf der Erde danach, doch was sie fanden, waren nur mehr gelb leuchtende, wunderschöne Schlüsselblumen…

So hat diese Geschichte bestimmt zu manchem Volksnamen beigetragen: «Himmelsschlüssel», «Himmelsblume» oder «Peters Schlüssel».


Betrachten wir die Wirkungsweise der Schlüsselblume, öffnet sie in der Tat manche Tür in unserem Körper sowie auch unserer Seele.

Hildegard von Bingen schrieb in ihrem Kräuterbuch man solle den Hymelslozel «gegen Melancholie aufs Herz binden», was auf die stimmungsaufhellende Wirkung der enthaltenen ätherischen Oele hinweist.

Im Mittelalter nannte man die Gichtblume «herba arthritica» als Mittel gegen Gicht, Gliederschmerzen wie auch Ohnmacht und zur Herzstärkung. Pharmakologische Untersuchungen bestätigen diese Wirkungsweisen und deren Anwendung in der heutigen Phytotherapie.

In Schriften des Arztes und Botanikers Tabernaemontanus aus dem 16. Jahrhundert wird auf den kulinarischen Genuss der Osterblume hingewiesen sowie als wirksames Schönheitsmittel.

«An etlichen Orthen machet man auss den jungen Schösslingen der Blume Salat

und isset dieselbige. Mit dem Safft so auss den Blümlein getruckt worden

das Angesicht uberstriechen

vertreibt die Flecken, Masen und Runtzel derselbigen wunderbarlich

verzehret auch die Feigartzen im hinderen

miltert die Harnwinde.»

 

 

Dieser zitierte Text stellt keinesfalls meine Kenntnisse an Orthographie in Frage. Doch macht er durchaus das differenzierte Kräuterwissen zu dieser Zeit sichtbar.

Die Arznei Schlüsselblume ist in Mitteleuropa beheimatet und gehört den Primelgewächsen (Primulaceae) an. Die Primula veris findet man auf halbtrockenem Rasen und Kalkmagerrasen, an Böschungen und Wegrändern. Der kräftige Wurzelstock bildet im Frühjahr eine grundständige Blattrosette mit runzeligen Blättern. Aus deren Mitte wächst der samt behaarte Stängel, an dessen Ende die vielblütige Dolde sitzt. Die goldleuchtenden Blüten verströmen einen zart honigartigen Duft. Jede Blüte ist von einem aufgeblasenen grünlich gelben Kelch mit spitzen Zähnchen umhüllt. Diese Kelche enthalten besonders wirksame Saponine und werden daher therapeutisch mitverwendet. Am Grund dieser «Pluderhose» leuchten fünf goldrote «Schlundtupfen».

 

Auf frischen Böden in Laubwäldern finden wir die grosse Schwester der Schlüsselblume, die Primula elatior. Ihre Heilwirkung ist etwas schwächer, die schwefelgelben Blüten mit ihrem etwas feiner Duft werden jedoch in der Volksheilkunde durchaus verwendet.

Da der Heiratsschlüssel unter Naturschutz steht, dürfen die besonders heilkräftigen Wurzeln nicht ausgegraben werden. Beim Sammeln der Blüten ist darauf zu achten, immer 2-3 Blüten an der Dolde stehen zu lassen, damit sich Peters Schlüssel versamen kann.

Um das Heilkräutlein nicht weiter zu bedrohen, holt man es sich am besten in den Garten. Unter Beerensträuchern wird es sich sehr wohl fühlen und im Herbst des 3. Lebensjahres erreicht die Wurzel ihre volle Heilkraft.

 

Wenden wir uns der Heilwirkung zu. Die Wurzel hat einen hohen Anteil an Saponinen. Diese reinigenden Seifenstoffe

  • lösen und verflüssigen festsitzende Sekrete
  • wirken harn- und schweisstreibend
  • regen den Stoffwechsel an, wobei sie Ablagerungen in Bindegewebe und Gelenken gelöst und die Entgiftung über die Haut aktiviert wird

Der Botaniker Tabernaemontanus schrieb, die Primula veris helfe «gegen Blödhaupt, Gehirnverschleimung und verstopfte Nerven», genau das Gefühl, das wir bei Nasennebenhöhlenkatarrh und Erkältungen haben.

  • erleichtert das Abhusten und wirkt mild krampflösend auf die Bronchien
  • lindert bei fiebrigen Erkältungen mit Kopfweh und verstopfter Nase
  • hemmt Entzündung und lindert Schmerzen bei Gicht (durch die enthaltenen Salizylsäureglykoside, die auch in Aspirin enthalten sind)

Die Blüten öffnen uns genauso die Türchen, zusätzlich unterstützt durch die enthaltenen Flavonoide und ätherischen Oele, die uns den wunderbaren Duft der leuchtend gelben Frühlingsblume schenken. Durch ihren lieblicheren Geschmack finden sie vorwiegend in der Kinderheilkunde und auf seelischer Ebene Verwendung. Hier vermögen auch wieder die Saponine Verhärtetes zu lösen. Im übertragenen Sinn vermag der Himmelsblütenschlüssel sich von Altem zu lösen, belebt «verkrustete Gefühlsstrukturen» und neue Begegnungen können sich dadurch auftun. Und welche Jahreszeit bietet sich da besser an als der Frühling, die Zeit des Neuanfangs, der Jugend und der Reinigung.

Frühjahrstee

Je 30g von Schlüsselblumenblüten (mit Kelchblättern)

Gänseblümchen

jungen, hellgrünen Birkenblätter

Triebspitzen der Brennnessel

 

Den Aufguss 10 Minuten ziehen lassen und über 6 Wochen 3x täglich eine Tasse trinken

Oder lieber «ein Blut reinigender» Wildkräutersalat?

Bittere Frühlingssalate garniert mit Gänseblümchen, Schlüsselblume, Veilchen und Vogelmiere.

Und wie wäre es mit einem Aceto bianco verfeinert mit einem Hauch von Blütenaroma?

Schlüsselblumenessig

1-2 Handvoll frische Schlüsselblumenblüten

ebenso Duftveilchenblüten (Viola odorata)

0,5dl von einem feinen Weissweinessig

 

Das Ganze in einer schönen Flasche ansetzen und 2 Wochen der Sonne aussetzen. Danach die Blüten abseihen.

 

Würzt Blattsalate, entzündungshemmend zum Gurgeln, für kosmetische Zwecke und als medizinische Waschung bei wunder Haut.

Ich bin gespannt welches Türchen in Euren Herzen der Himmelsschlüssel öffnet und wünsche Euch weiterhin schönes Frühlingserwachen

 

Mit blütenreichen Grüssen

 

Eure Odorata

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Kommentare: 1
  • #1

    Erika Briggen (Freitag, 15 April 2022 01:56)

    Cristina super
    Bei uns redet man von den Wilden Schlüsselblumen das sind die hellgelben die zu erst blühen.
    und dann kommen die Zahmen Schlüsselblumen das sind die starkgelben. Die haben wir immer gesucht für Tee.