Melisse weckt in mir Erinnerungen an das französische Drômetal. Auf einer Duftreise besuchten wir einen Bauern und Produzenten für ätherische Öle. Er führte uns durch ein üppig grünes Melissenfeld kurz vor der Blüte. Ich atmete tief den klaren, leicht zitronigen Duft ein und spürte, wie sich eine tiefe Ruhe und Zufriedenheit in mir ausbreitete. Unweit des Feldes lag eine unvorstellbar grosse Menge von geerntetem Kraut unter einem Dach bereit zur sofortigen Destillation. Der schwere Duft dieser Menge verursachte bei mir nach kurzer Zeit eine leichte Übelkeit und von Unruhe erfasst, musste ich an die frische Luft fliehen. Eine eindrückliche Erfahrung, wie unterschiedlich ätherische Öle je nach Dosierung wirken, und dass dieser Duft nicht nur auf Grund seines Preises sparsam dosiert werden soll, um das Herz zu trösten.
Da sich die ölhaltigen Drüsen der echten Melisse auf den Blättern befinden und leicht beschädigt werden können, wird das Kraut vorsichtig in Handarbeit mit der Sichel geerntet. Es darf kaum eine Stunde vergehen zwischen Ernte und Destillation, sodass viele Produzenten mit kleineren Felddestillen unterwegs sind. Für einen Liter dieses kostbaren Öles braucht es rund 6-7 Tonnen Pflanzenmaterial, ähnlich wie bei der Rose, eine unvorstellbare Menge und ein grosser Arbeitsaufwand, der den Preis rechtfertig und die Intensität veranschaulicht.
Ursprünglich stammt die 30-70 Zentimeter hohe Staude mit vierkantigem Stängel, ein Hauptmerkmal der Lippenblütler, aus dem Mittelmeerraum, Balkan und Nordamerika. Die herz- bis eiförmigen und gezahnten Blätter verströmen vor der Blüte einen frischen, klaren, krautigen und leicht zitronenartigen Duft. Ab Juni bilden sich in den Blattachsen weiss-gelbliche Blüten und die Zitronenmelisse verströmt eine eher muffige Duftnote. Aus diesem Grund wird der Herztrost bis spätestens eine Woche vor der Blüte geerntet.
Einmal mehr dank Karl dem Grossen fand das Kräutlein den Weg über die Alpen zu uns in die Klostergärten und macht sich mittlerweile in unseren Gärten breit.
Zur Ernte schneiden wir die Heilpflanze 10 Zentimeter über dem Boden ab, streifen sorgfältig die Blätter von den Stängeln und trocknen diese schonend bei höchstens 40°. So haben wir einen duftend beruhigenden Teevorrat bei Schlaflosigkeit und Nervosität oder als Herztröster in schwierigen Liebeszeiten.
Nun wissen wir wie das Bienenkraut als Duft in die Flasche und als Kraut in die Tasse kommt. Doch was sind die stärkenden Wirkungen dieser Heilpflanze?
Bienen markieren mit einem Sekret ausgiebige Futterquellen. Sowohl Geruch und Inhaltsstoffe sind fast identisch mit demjenigen der Melissa officinalis. Aus diesem Grund reiben Imker einen neuen Bienenstock mit der Pflanze aus, um dem Bienenvolk zu zeigen wo sie zuhause sind. Und wo fühlen wir uns zuhause? Dort wo wir uns wohl und geborgen fühlen. Da kann unser Herz ruhig und voller Vertrauen schlagen. Wir finden einen erholsamen Schlaf und unser Körper und Immunsystem können regenerieren. Und genau das sind die Stärken des ätherischen Melissenöls.
- Herzwirksame Sesquiterpene beruhigen bei nervlicher Überbelastung, Schlaflosigkeit, Herzbeschwerden, Herzklopfen und Blutdruckschwankungen ohne organische Ursache. Typische Symptome bei der Frau im Wechsel
- Balsam für nervöse und hyperaktive Kinder und die überstrapazierten Nerven der Eltern
- Stimulierend für unser Immunsystem
- Neueste Forschungsergebnisse haben zudem ergeben, dass der Duft die Denkleistung zu erhöhen vermag, was auf eine Förderung der Freisetzung von Acetylcholin zurückzuführen ist. Diese Erkenntnis könnte wertvoll für die Alzheimer- und Demenzforschung sein
Doch Vorsicht mit dem ätherischen Öl, denn wie so oft macht die Dosierung die Wirkung aus! Bei geringer Dosierung kommt die beruhigende Wirkung zum Zuge. Je höher die Dosierung, schlägt es in eine gegenteilige Wirkung um. Hautirritationen und eine Erhöhung des Augendrucks können bei Überdosierung als Nebenwirkungen auftreten. Doch allein der hohe Preis des ätherischen Öles wird uns zur Vorsicht mahnen.
Frische Blätter als Tee oder auch das getrocknete Kraut sind ideal zur innerlichen und äusserlichen Anwendung der Zitronenmelisse.
- Bitterstoffe regen die Magen- und Gallensaftproduktion und somit die Verdauung an, Blähungen werden gelindert
- Ätherische Öle beruhigen und entkrampfen das Herz und den nervösen Magen und sorgen für einen ruhigeren Schlaf
- Gerbstoffe wie die Rosmarinsäure besetzen die Anlagestellen, die Viren benötigen, um in Zellen einzudringen, derselbe Wirkmechanismus wie bei der Cistrose. Die Melisse zeigt da eine besonders erfolgreiche Wirkweise bei Herpes simplex, dem Virus bei Lippenherpes und Gürtelrose. Melissenteeauflagen mit etwas Zitrone (alle 10 Minuten neu aufgelegt) oder Frischpflanzensaft (dazu frische Blätter zwischen den Fingern zerreiben und beginnende Bläschen damit abtupfen) beugen der Bläschenbildung vor und Verkürzen den Krankheitsverlauf.
Was die moderne Wissenschaft bestätigt, wussten die Nonnen und Mönche schon lange. Sie genossen die Vorzüge des Karmeliter Melissengeistes oft über die Massen, jedoch kaum wegen der verdauungsfördernden und stärkenden Kräuter wie Melisse, Angelika, Nelke, Koriander, Muskat und Zimt, sondern frönten auf diese Weise der beruhigenden Wirkung des Alkohols. Wie es scheint ein kleines Missverständnis bezüglich der Aussage von Hippokrates, dass „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein“.
Folgen wir diesem Spruch und begeben uns in die Küche! Das satte Grün der Natur beschenkt uns zurzeit reich mit würzigen und nährenden Kräutern.
Polpettine di primavera
Zutaten für die Fleischpflanzerl
500g Poulet oder Kalbfleisch durch den Fleischwolf drehen
1 ganzes Ei
etwas selbstgemachtes Paniermehl
Salz und Pfeffer
Für die krautige Füllung
Alles was das Frühlingsherz begehrt: Brennnessel, wilder Oregano, marokkanische Minze und wenig Melisse aus dem Garten. Die Kräuter fein hacken, mit etwas Salz und abgeriebener Zitronenschale abschmecken und mit 2 Esslöffel Butter oder etwas Olivenöl mischen.
Das Fleisch zu 8 Kugeln formen, jeweils ein Loch eindrücken und mit der Kräuterbutter füllen. Das Loch schliessen und die Kräutertätschli flach drücken.
In Ghee oder Kokosfett schon goldbraun durchbraten.
Nun wünsche ich Euch weiterhin einen guten Frühling, geniesset die Sonne und tankt täglich Vitamin D, um weniger Infekt anfällig zu sein.
Versorgt Euch gut mit Vitamin C in Form von frischem Gemüse und Kräutern, so ist unser Immunsystem bereit, es mit dem König aufzunehmen.
Und geniesst ab und zu einen feinen Fisch, vorzugsweise Lachs. Denn dieser hat nicht nur die Gabe davon zu schwimmen, sondern versorgt uns mit wertvollem Omega 3. Dieses schützt unseren Körper vor chronischen Entzündungen und vor einer Viren-Chronifizierung im Besonderen.
Mit geniesserischen Grüssen
Eure Odorata
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