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Ingwer - Der andere Scharfmacher

Schon auf Grund seines Aussehens fasziniert mich dieses eigenwillige, knorrige, verzweigte „Wurzelgebilde“, das man auch „Immerwurz“ nennt und eigentlich gar keine Wurzel, sondern das Rhizom der tropischen Pflanze Zingiber officinalis ist.

Den Duft und die Schärfe dieses Gewürzes bringe ich in erster Linie mit der südostasiatischen Küche in Verbindung. Was wäre ein Thai Curry ohne Ingwer? – Unvorstellbar!

Doch den Ingwer einfach auf einen wichtigen Bestandteil in der asiatischen und indischen Küche zu reduzieren, wäre weit gefehlt. Heute trete ich keine Passfahrt über den Hohen Atlas mehr an, ohne mich mit Ingwertee zum Frühstück und Zintona-Tabletten für die kurvenreiche Strasse vorzubereiten, um die schöne Fahrt ohne Übelkeit zu überstehen und die Reise geniessen zu können.


Der Ingwer kommt direkt aus dem indischen Garten Eden. So berichten es zumindest 5'000 Jahre alte Schriften aus dem Orient. Ihm wurden schon im Märchen aus 1001 Nacht magische Kräfte zugeschrieben und sowohl altindisch-ayurvedischen als auch chinesischen Büchern ist zu entnehmen, dass Ingwer tatsächlich eine besondere und magische Heilkraft besitzt.

Es wird angenommen, dass die mehrjährige tropische bis subtropische Pflanze ursprünglich aus Sri Lanka oder von den Pazifischen Inseln stammt. Erst im 9. Jahrhundert wurde sie im deutschen Sprachraum bekannt. Heute gehört Indien zu den weltführenden Produzenten mit 250'000 Tonnen pro Jahr, jedoch fast ausschliesslich für den Eigenbedarf. Der grösste Exporteur ist China.

 

 

Aus dem horizontal wachsenden knolligen Rhizom spriessen unscheinbare, schilfartige Blätter bis zu über einem Meter Höhe. Die dicken Blütenähren mit weiss-gelb-roten Blüten erinnern an Orchideen. Unter der Erde verzweigt und wächst das Rhizom, Ingwerwurzel genannt, das mittlerweile ebenfalls ein fester Bestandteil unserer multikulturellen Küche ist.

Bezüglich Heilwirkung ist es ganz wichtig zwischen der frischen Wurzel, dem Ingwerpulver und dem ätherischen Öl zu unterscheiden. Ich werde mich primär auf die frische Wurzel konzentrieren; zum einen, weil ich die frische Knolle dem hochkonzentrierten und weniger schmackhaften Pulver vorziehe, zum andern, da im ätherischen Öl einer für den Ingwer sehr typischen Wirkstoffe, die Scharfstoffe, nicht enthalten sind.

 

Den frischen Ingwer erkennt man an seiner glatten, leicht glänzenden Haut und der kräftig beigen Farbe. Die Knolle ist fest und im Innern faserfrei. Zudem empfehle ich, Ingwer von Bio-Qualität zu kaufen, sodass man die Knolle ohne zu schälen verwenden kann. Denn unter der Haut befinden sich die wertvollen Inhaltsstoffe.

Die 5-8 % Scharfstoffe, die Ginerole, verleihen der Wurzel die typische Schärfe. Diese kurbeln das Stoffwechselfeuer im Körper an und wirken zudem schmerzstillend, ähnlich der Acetylsalicylsäure. Studien im Zusammenhang mit Arthrose ergaben eine gleichwertige Wirkungsweise wie Ibuprofen-Tropfen, jedoch ohne deren Nebenwirkungen.

Die ätherischen Öle wirken Kreislauf anregend und beleben Körper und Geist. 

Die Fettverdauung wird durch Anregung der Gallen- und Magensäfte begünstigt, und eine krampflösende Wirkungsweise auf den Verdauungstrakt ist bekannt. Neben der entzündungshemmenden Wirkung, vorwiegend bei beginnenden Erkältungen, ist ein heisses Ingwergetränk wunderbar wärmend für „Gfrörlis“, wie ich einer bin. Mein persönlicher Energie- und Wärmekick ist:

  • Ingwer frisch gerieben
  • eine halbe Zitrone frisch gepresst
  • etwas Honig
  • heisses Wasser
  • Das Ganze ungefähr 7 Minuten ziehen lassen und geniessen!

 

Diese ideale Erkältungsprophylaxe versorgt uns zudem mit viel Vitamin C und Mineralstoffen wie Magnesium, Eisen, Kalium und Calcium, die alle in dieser Wunderknolle enthalten sind.

Nur eines sei hier noch angemerkt: Dieses Getränk ist mit seiner wärmenden Wirkung auch sehr anregend und intensiviert vor dem Schlafen genossen unsere Träume. Eine sehr starke Überdosierung kann vereinzelt auch zu Halluzinationen führen!

Dass die „platte Kartoffel“ ein wirkungsvolles Mittel gegen Reiseübelkeit ist, wussten schon die Seefahrer längst vergangener Zeiten. Neueste Studien zeigen, dass durch die serotoninantagonistische Wirkung des Ingwers der Magen-Darm-Trakt und das Zentralnervensystem beruhigt werden. Ingwertee vor der Reise, Ingwer-Bonbons, kandierter Ingwer für unterwegs oder Zintona-Tabletten (ein Ingwerpräparat, erhältlich in Apotheken) wirken genau so zuverlässig wie herkömmliche Medikamente, ohne jedoch müde zu machen.

All diese Wirkungsweisen sind auch im getrockneten Ingwer, als Pulver erhältlich, mehr oder weniger zu finden. Bei der Verwendung in der Küche muss jedoch beachtet werden, dass der Geschmack des Pulvers viel intensiver ist, vorallem auch die dem Ingwer eigene Schärfe. Der würzig zitronige Duft tritt jedoch in den Hintergrund, weshalb ich die frische Knolle dem Pulver immer vorziehe!

 

Zudem lehrt die chinesische Heilkunde, dass der frische Ingwer eine viel stärkere antibakterielle Wirkung hat als das Pulver, dass er das Verdauungssystem grundlegender „anfeuert“ und aphrodisierender wirkt.

Im Gegensatz zum frischen Imber enthält die Ingwer Essenz keine Scharfstoffe. Diese gehen bei der Destillation nicht ins ätherische Öl über, somit fallen alle Wirkungsweisen der Gingerole weg. Der würzig fruchtige und weiche Duft des Öles steht für seine sehr milde und hautfreundliche Wirkung. Seine Stärke liegt in der ausgleichenden, mental stabilisierenden Wirkung und bei seelischen Bauchbeschwerden.

Seinen festen Platz hat dieses ätherische Öl seit jeher in der Parfumherstellung, vor allem im „Duft für den Mann“: Man staune, wo überall diese Duftnote zu finden ist!

In der Küche harmoniert der Ingwer sowohl in pikanten wie auch in süssen Speisen. Einem Gericht am Schluss beigefügt, kommt sein zitronig und warmwürziges Aroma mehr zur Geltung. Längeres Mitkochen verleiht dem Gericht mehr Schärfe.

Neben dem Klassiker Ingwer und Kürbis sind auch Kombinationen mit Zitrusfrüchten oder eine Heidelbeermousse mit Ingweraroma spannende Variationen.

 

Meine Rezepte entstehen häufig aus zufällig vorhandenen Zutaten. Ich liebe Chutneys und da mir eine Freundin gerade frische Bio Mandarinen aus Griechenland mitgebracht hat, habe ich das nachstehende Rezept für Euch kreiert.

Ingwer Mandarinen Chutney

4            Mandarinen, abgeriebene Schalen und Fruchtfleisch in Würfeln
4 TL       Bio Ingwer, mit Schale gerieben
1 EL       Olivenöl
1-2         Schalotten, fein geschnitten
2 EL       brauner Zucker
2 EL       Weissweinessig
3-4        Kardamom Kapseln, leicht angestossen
½ TL      Salz
¼ TL      Szechuan Pfeffer* 

 

*nicht mit dem herkömmlichen Pfeffer verwandt, sondern ein Gewürz aus der Familie der Zitrusgewächse, was sein fruchtiges Aroma erklärt

Die Schalotten mit Salz in Olivenöl andünsten. Zucker dazugeben und leicht karamellisieren lassen. Mit Essig ablöschen, die übrigen Zutaten beigeben und das Ganze ungefähr 10 Minuten einköcheln lassen. Vor dem Genuss mindestens 1 Stunde ziehen lassen.

 

Das Chutney passt ausgezeichnet zu kurz gebratenem Fleisch, Käse, einer geräucherten Lachstranche oder einem indischen Gericht mit herzhaftem Linsen-Dhal!

Ich hoffe, die knorrig lustige Ingwerwurzel bringt Wärme in Euren fröstelnden Körper, sodass Ihr diese feucht-kalten Wintertage - rund um eingehüllt - auch geniessen könnt. Zudem bin ich gespannt, welche kulinarischen Reisen Ihr mit dem etwas anderen Scharfmacher unternehmt!

 

Mit würzig warmen Grüssen

 

Eure Odorata

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