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Safran - Goldgelbe Glücksfäden

Einmal mehr verbindet mich ein Heilkraut mit Marokko. Am Fusse des Atlas, 20 Kilometer von Marrakesch entfernt im Vallée d’Ourika, liegt das Paradis du Safran der Schweizerin Christine Ferrari. Hier verbrachte ich, umgeben von singenden Berberfrauen, einen Tag während der Safranernte im November und wir zupften geduldig und achtsam aus jeder Blüte die drei kostbaren Fäden. Für mich ein unvergessliches Erlebnis, für diese Frauen tägliche Arbeit und Mühe übers ganze Jahr mit Setzen der Pflanzenknollen, Unkraut entfernen, Ernten der sich einmal öffnenden Blüten in den frühen Morgenstunden und dies genau zum richtigen Zeitpunkt…..bis schlussendlich aus 1000 (!) Blüten eine Prise Safran bei uns in der Küche landet.

 

Das Hauptanbaugebiet von Safran in Marokko befindet sich an der Südflanke des Hohen Atlas, in Taliouine. Bei meinem morgendlichen Spaziergang zwischen Orangen- und Zitronenbäumen, schenkte mir der Gärtner drei der kostbaren Pflanzenknollen, die mir über fünf Jahre hinweg meinen hauseigenen Safran bescherten. Und so erstaunlich, wie die Pflanze gewachsen ist, ist sie nun auch wieder aus meinem Schweizer Garten verschwunden. Unsere mittlerweile milden Winter haben ihr womöglich nicht so behagt…..oder doch?

 

Nur ein paar Kilometer von meinem Zuhause im Zürcher Weinland habe ich ein schweizerisches Safranparadies entdeckt. Hier wird seit vier Jahren Safran angebaut.

 

So kam ich nach einem Besuch auf dem Hof der Familie Wirth in Genuss des noch warmen Safranweggens, der - hier mit Rosenpesto genossen - ein Gedicht ist.


Ursprünglich stammt der Safran einerseits von den Steilhängen des Himalaya, aus Kaschmir. Doch auch an den Hängen der Gebirge Kretas wurde schon vor 3'500 Jahren der Crocus sativus angebaut. Allerdings liegt heute das ehemalige Persien mit seiner mehr als 5'000 Jahre alten Safrantradition weltweit an der Produktionsspitze. Der Hauptgrund dafür ist, dass der Iran als Billiglohn Land einen erschwinglichen Safran anbieten kann.

Der Safrankrokus ist verwandt mit unserem Krokus-Frühblüher. Seine grasartigen Blätter zeigen sich im Frühjahr, während sich die Blüten erst zwischen Mitte Oktober und Anfangs November entfalten. Sie öffnen diese nur ein einziges Mal ohne sie jemals wieder zu schliessen. Die drei dunkelroten Fäden (Narbenschenkel) sitzen auf dem Griffel. Je mehr Anteil des Griffels in die Ernte gelangt, desto minderwertiger ist die Safran Qualität.

 

Die Vermehrung findet über die Zwiebel statt. Junge Knollen werden von der Brutzwiebel getrennt. Sie werden von Hand 10-20 cm tief in trockenen und sandigen Boden gesteckt. Es ist wichtig, dass die Felder übers ganze Jahr von Unkraut befreit werden.

 

Während der Ernte wird die violett-leuchtende, erst halb geöffnete Blüte in den Morgenstunden gepflückt, bevor Sonne und Hitze dem kostbaren Aroma zusetzen. Die Fäden müssen noch am selben Tag gezupft werden. Eine geübte „Zupferin“ zupft 60-80g pro Tag.

Danach werden die Safranfäden schonend getrocknet und zwei Monate gelagert, bis sie ihr Aroma entwickelt haben.

 

Dieser grosse Aufwand an Handarbeit - vom Anbau über die Ernte bis zur Verarbeitung - gibt uns einen Begriff davon, warum ein Kilogramm des Roten Goldes noch heute zwischen 4'000 und 6'000 Euro kostet.

Zu Zeiten der Römer und Griechen kamen zudem die langen und gefährlichen Handelswege zwischen Orient und Europa dazu. Die Römer fanden in Gewürzen wie Pfeffer, Safran und Zimt ein neues Geschmackserlebnis. Sie brachten diese orientalischen Gewürze über die Alpen. Pfeffer war so teuer wie Silber und Safran wie Gold. Sie waren zeitweise sogar wertbeständige Währungen. Unterwegs mussten die Händler sich häufig gegen Räuber wehren. Einmal im Besitz der Goldgelben Glücksfäden „streckten“ die Banditen das kostbare Gut um es mit vielfachem Gewinn weiterzuverkaufen.

 

Mit verfälschten Mischungen haben wir es leider auch heute sehr oft zu tun. 85 % des angebotenen Safrans auf dem heutigen Markt sind Verfälschungen; ein unvorstellbares Ausmass. Für die „Verpfuschung“ des Originals sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: Zugabe von Ringelblumenblüten - der Arme Leute Safran - ist noch das Harmloseste. Neben gefärbten Maisgriffeln, der Färberdistel - wilder oder mexikanischer Safran – und Tagetesblüten, findet man Plastik und eingefärbte Rindfleischfasern.

 

Und wie erkennt man nun den echten Safran? Die ziegelroten bis purpurbraunen, röhrenförmigen Fäden sind 20-40 mm lang und am einen Ende etwas breiter. Die drei Narben werden vom Griffelstück zusammengehalten. In warmem Wasser färben sich die Fäden intensiv rot-gelb und verströmen das kräftig-aromatische, herb-süssliche Safranaroma. Im Geschmack ist der Safran etwas scharf und leicht bitter bis süss.

„Dieses Rote Gold kann Menschen erheitern, zum Lachen bringen, entspannen und sogar erotische Träume schenken. Doch ein Zuviel davon genossen und sie werden einschlafen ohne je wieder zu erwachen…“

Das teuerste Gewürz der Welt ist in erster Linie eines der ältesten Heilmittel. Man hat auf ägyptischen Papyrusrollen rund 30 Rezepturen aus dem Jahr 1'600 v. Chr. gefunden.

Hier seien nur einige Wirkungsweisen aufgezählt, wenn wir unsere Speisen mit Safran verfeinern. Von ihnen können wir beim Bestreben unseren Körper gesund zu halten profitieren:

  • Anregung der Lebertätigkeit und somit verdauungsfördernd
  • Gleichzeitig anregende und beruhigende Wirkung auf das Zentralnervensystem 
  • Stimulierung der Gebärmuttertätigkeit bei schmerzhafter und zu schwacher Menstruation, wirkt Wehen fördernd, bei zu hoher Dosierung abortiv!
  • Antibakteriell und antiviral
  • Auswurf fördernd
  • Wissenschaftlich nachgewiesene Antitumoraktivität
  • In hoher Dosierung schmerzstillend z.B. bei Rheuma

Diesem Wirkungskatalog könnte noch einiges beigefügt werden. Im Ayurveda oder der chinesischen Medizin wird die Wirkungsweise sehr treffend zusammengefasst:

Safran reguliert Disharmonien, bringt stagnierte Lebensenergie in Schwung, stärkt Herz und Leber und schenkt uns so ein längeres Leben!

Doch das wahre Geheimnis, weshalb Menschen seit jeher bereit waren, unglaublich viel für den Safran zu bezahlen, liegt in seiner psycho-aktiven und euphorisierenden Wirkung, hervorgerufen durch den Inhaltsstoff Crocin (gelber Farbstoff). Dieser macht Algen schlagartig begattungsfähig.

 

Nein, ich stehe nicht unter dem Einfluss von Safran und seiner beseelenden Heiterkeit! Die vorherige Aussage ist wissenschaftlich nachgewiesen worden.

Safran ist nicht nur Erotik, die man essen kann, nein, schon Kleopatra verwendete ein Make-up aus Sandelholz und Safranpulver. Und genau diesen Duft habe ich im ätherischen Safran Attar wiedergefunden. Safran Attar ist Safran destilliert über Sandelholz; ein unbeschreiblich betörender und warmer Duft, der eine lebhafte Ausgeglichenheit hervorruft, ein Duft, bei dem wir dem „Winter Blues“ den Rücken zuwenden können!

Im Folgenden erfahrt Ihr, wie wir uns den Duft und das einzigartige Aroma des Roten Goldes wieder vermehrt in die Küche holen können, nicht „nur“ für den bekannten Safran-Risotto. Es gibt unzählige orientalische Gerichte, Speisen von pikant bis süss sowie jede Menge eigener Kreationen. Wenn wir die Zutaten kennen, die dem Safran sympathisch sind, entfacht er gerne sein volles Aroma:

  • Mit Milch wirkt er erheiternd und harmonisierend
  • Rosenwasser ruft einen blumig-lieblichen Geschmack hervor
  • Kardamom macht ihn mild und weich
  • Bei viel Zitrone verliert er die Farbe, nicht aber den Geschmack
  • Essig lässt ihn noch mehr leuchten, nimmt ihm aber das Aroma
  • Mit Weisswein wird er interessant und weich
  • Rotwein mit zuviel Tannin liebt er gar nicht
  • Wenn er zulange gekocht wird, löst er sich in Luft auf!

Was im kleinen Safran-Kochlexikon nicht fehlen darf, ist die richtige Anwendung und Dosierung. 

Bei der Dosierung gilt: „Weniger ist mehr". Wir wollen uns ja keinen „Safranrausch“ holen, der in einem unbändigen Lachreiz endet oder bei der Einnahme von 5g sogar zum Kollaps und Herzstillstand führen kann. Doch davor bewahren uns einmal mehr unsere Geschmacksnerven. Ein Zuviel macht die Speise bitter und ungeniessbar.

Damit der Safran sein volles Duftbouquet entfalten kann, sollte man ihn vor dem Kochen in wenig warmem Wasser vorbereiten und erst zum Schluss der Speise beifügen.

Ein exquisites Duft- und Geschmackserlebnis findet Ihr im folgenden Rezept. Es stammt aus dem wunderschönen Buch Tabula Rosa von Lilo Meier und vereint den Safran mit Rose zu einem sinnlichen Essvergnügen!

Persisches Safran – Eis

700ml    Milch

160g       weisser Zucker

zusammen in einem Topf erhitzen

 

1 TL        Maisstärke

175ml     Milch

mischen, hinzufügen, zehn Minuten kochen, dann den Topf vom Herd nehmen

 

½ TL       Safran

¼ TL       Kardamonpulver

hinzufügen und gut einrühren. Die Masse erkalten lassen und in eine Eismaschine* geben

 

4EL        Rosenwasser

450ml    Schlagrahm

unterrühren, frieren lassen

 

je 1TL     Rosenmark

zu jeder Kugel servieren und mit gehackten Mandeln oder Pistazien bestreuen

 

*Falls Ihr keine Eismaschine zur Hand habt, ist das kein Problem. Stattdessen das fertige Eis während dem Gefriervorgang 1-2 Mal mit dem Stabmixer „bearbeiten“, damit sich keine Kristalle bilden

 

Es entsteht ein wunderbar sämiges Eis, sodass unsere Alltagssorgen auf der Zunge zergehen!

Ich wünsche Euch viel Freude auf der Entdeckungsreise mit Safran und bin gespannt auf Eure Erfahrungen!

 

Eure Odorata

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Kommentare: 1
  • #1

    Andrea (Mittwoch, 21 November 2018 08:24)

    Meine liebe Cristina das ist einmal mehr ein wunderschön geschriebener und interessanter Bericht über dieses Gewürz, das aus dieser kleinen Pflanze stammt, die uns an den Frühling denken lässt.
    Danke für diese Blogs, sie lassen deine Begeisterung und deine Achtung so richtig spürbar werden!! Ich freue mich auf den nächsten...!! Andrea